Dienstag, 28. April 2009

Unangenehme Abenteuer

Nachdem die Zeit der Rentierhalterfeste erst mal vorüber ist, nehme ich das Angebot von Familie Kechimov an, auf ihren Wohnplatz zurückzukehren und hier den Beginn des Frühlings zu erleben. Von den Jagdausflügen und dem Beginn der Schneeschmelze werde ich in den nächsten Tagen berichten.

Eines Tages taucht am anderen Flussufer ein unbekannter Jeep auf. Aus ihm steigt ein Polizist, der Nachforschungen zu einem Messer anstellt, das waffenscheinpflichtig sei und wohl im Unglückswagen gefunden wurde (zum Unfall siehe Eintrag vom 20. Februar 2009). Er besteht darauf die Papiere aller auf dem Wohnplatz anwesenden zu kontrollieren. Als er mitbekommt, dass ich Ausländer bin, zwingt er mich in die Stadt mitzukommen. Es wird eine lange Fahrt über schlammige Straßen und ich werde den Rest des Tages bis nachts um drei Uhr im Jeep und in der Polizeiwache verbringen. Angeblich müssten hier jetzt alle Ausländer, deren Papiere zufällig kontrolliert würden, erkennungsdienstlich behandelt und Finger- und Handabdrücke, Kopien der Ausweispapiere und „Verbrecherfotos“ in eine Kartei eingefügt werden. Als ich nach Seife oder wenigstens einem Lappen frage, um die schwarze Farbe von meinen Händen zu waschen, erklärt man mir, die gäbe es nicht, man sei zu arm. Dafür kann ich mir einen Eindruck von den sogenannten 'Affenkäfigen' machen, den Zellen, in denen Betrunkene die Nacht verbringen, und diese sich lauthals darüber beschweren hören, dass man sie seit Stunden nicht ihre Notdurft verrichten lasse. Sie bekommen als Antwort nur, sie sollen doch auf den Boden machen, das würde schon weggewischt. Immerhin bietet mir der Fahrer des Polizeiwagens an, bei ihm zu Hause zu übernachten, als der Wagen auf dem Rückweg auf halber Strecke den Dienst versagt. Dann schaffen wir es doch noch nach Kogalym zurück, wo er repariert werden kann und ich gelange tatsächlich nach drei Uhr wieder ans Ufer des Flüsschens, auf dessen anderer Seite der Wohnplatz von Kechimovs liegt. Glücklicherweise funktioniert der Mobilfunk und ich kann per Handy jemanden wecken, damit man mich mit dem Schneemobil über das bereits tauende Eis transportiert. Zu Fuß wäre es bereits zu gefährlich.

So ging meine Begegnung mit den Vertretern der Staatsmacht doch noch glimpflich zu Ende. Ich hatte mich schon in den Zellen irgendeines Geheimdienstes gesehen. An meinen Papieren konnte man auch nicht so recht einen Fehler entdecken. Immerhin weiß ich jetzt, wie sich Ausländer beispielsweise in Deutschland fühlen, wenn sie alleine durch ihre Anwesenheit unter dem Generalverdacht stehen, die Aufenthaltsgesetze verletzt zu haben.

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