Mittwoch, 19. November 2008

Auf dem Wohnplatz der Familie Kechimov












Mein Gastgeber hier in Kogalym hat mich auf seinen Wohnplatz am Fluss Voloktejaun mitgenommen. Wir haben uns dort nur ein paar Tage aufgehalten. Jetzt ist er wieder in Kogalym, um seinen Kleinbus zu reparieren. Seine Frau ist dort geblieben. Sie kümmert sich um Hunde und Rentiere. Die Straßen und Elektroleitungen des Ravenskoe Erdölfeldes reichen bis zum Wohnplatz von Vasilij Kechimov. Dass er mit dem Auto innerhalb kurzer Zeit zwischen dem Wohnplatz und der Stadt pendeln kann, und dass die Erdölfirma ihm elektrischen Strom zur Verfügung stellt, verändert den Alltag im Wald einschneidend. Abends erstrahlt der Wohnplatz im Licht elektrischer Glühbirnen. Oben am Wohnhaus hängt ein großer Scheinwerfer, auch Garage für die Motorschlitten und die Sauna sind elektrisch beleuchtet.



Die Hütte wird mit elektrischen Heizröhren beheizt, Valja Kechimova kocht mit einem Elektroherd und bereitet das Wasser für den Tee im elektrischen Wasserkocher. Der einzige Raum des Hauses ist über 60 m² groß. An der Rückwand schläft man unter dem Regal mit den ausgestopften Köpfen der erlegten Bären. Die Knochen des Herrn des Waldes werden in einem kleinen Speicher auf zwei Beinen im Wald beigesetzt, damit Hunde und wilde Tiere sie nicht verschleppen. Die Bären werden zu Beschützern der Familie. Mit einem rosa Vorhang sind sie vor den neugierigen Blicken von fremden Besuchern verborgen, die ja doch nicht verstehen würden, wozu die Chanten an so alten Bräuchen festhalten. Im Zentrum der Hütte steht ein kleiner Fernseher, der den ganzen Tag läuft. Der Inhalt des Fernsehprogramms spielt kaum eine Rolle, Hauptsache der Raum ist mit Geräusch und Flimmern erfüllt. Zu mehr taugt das Programm auch nicht, habe ich den Eindruck.





Ich genieße frischen Fisch und Rentierfleisch und -blut (auch wenn ich mir an einem Knochensplitter schon einen halben Zahn abgebrochen habe). Am Wochenende backt die Hausfrau für ihren fünfzehnjährigen Sohn Kolja mit Hilfe eines elektrischen Handmixers eine Torte aus einem Biskuitboden und selbst bereiteter Buttercreme. Am Sonntagabend wird er wieder ins Dorf Jubilejnoe gebracht, zwei Stunden Fahrt mit dem Motorschlitten. Am Montag fährt er mit dem Bus ins Internat nach Ult-Jagun, wo er bis Freitag wohnt.



Vasilij fährt mit mir zum Wohnplatz der Nachbarn, wo er einen Motorschlitten für seinen Sohn kaufen will. Dieser soll dann am Wochenende mit dem Motorschlitten selbstständig nach Hause fahren. Wenn ich mir ansehe, wie oft die chantischen Männer an ihren Motorschlitten basteln und reparieren, gewinne ich den Eindruck, dass sie eigentlich ständig kaputt sind. Der Motorschlitten ist einfach das wichtigste Verkehrsmittel in der Taiga geworden. Irgendwas ist immer zu richten und in der Garage sind die Männer in ihrem eigenen Reich.



Garage und Sauna sind bei Vasilij Kechimov größer, als früher die Häuser der Chanten waren. Ich helfe ihm dabei aus Brettern einen Fußboden in der Garage zu verlegen. Die Erdölfirma versorgt als Entschädigung die Waldbewohner mit Brettern, liefert ihnen aber nur die niedrigste Qualität, wovon ich mich selbst überzeugen kann.

1 Kommentar:

Leenie hat gesagt…

How I wish I could understand what you have written! I like the photos. We have much snow here but reindeer only come with Santa Clause. We DO have lots of snow mobiles. (Idaho-United States)