Dienstag, 24. März 2009

Wiedersehen mit Familie Kechimov

Drei Tage nach dem Fest in Numto mache ich mich auf zu der nächsten ähnlichen Veranstaltung im Dorf Jubilejnoe am Fluss Tromagan. Ich fahre mit Erdölarbeitern in einem Bus aus Surgut. Sie werden von einem Beauftragten der Erdölfirma instruiert, wie sie mit Chanten und Rentieren umzugehen haben. Den Rentieren solle man nicht zu nahe kommen, da diese halbdomestizierten Tiere beißen könnten und auch mit betrunkenen Chanten solle man sich besser nicht einlassen, sondern gleich nach dem Ende des Rentierschlittenrennens zum Bus zurückkehren. Als dem Reiseleiter mitteile, dass man auf mich nicht zu warten brauche, da ich im Dorf bleiben wolle, schaut er mich an, als zweifle er an meiner Zurechnungsfähigkeit.

Ganz im Gegensatz zu Numto ist die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit in Form der Ausflügler aus der Stadt und auch von Fernsehkameras deutlich spürbar. Gegen Mittag machen sich diese jedoch davon und am Nachmittag, als die Wettbewerbe im Wettrennen der Frauen, Lassowerfen und Erklimmen eines Holzmastes stattfinden, erst recht jedoch in der Disko am Abend sind die Einwohner bereits unter sich.


Ich erhalte die etwas zweifelhafte Ehre mit den angereisten Offiziellen und Journalisten an einem extra reich gedeckten Mittagstisch in der Dorfschule versteckt vor den Teilnehmern und angereisten Touristen Platz zu nehmen. Diese Art von Ausgrenzungen und Abgrenzungen, die Kulissen, die bei diesen Festen die Dinge hinter der „Bühne“ von denen auf der Bühne trennen, sind Thema meiner Forschung hier.

Hier im Dorf treffe ich auch viele Bekannte, die bei dem schweren Autounfall vor anderthalb Monaten Verwandte verloren haben. Vladimir Kechimov, dessen Vater umgekommen ist, erzählt mir, dass man sich am nächsten Tag auf den Familienfriedhof in der Taiga zu einer Gedächtnisfeier versammeln werde und willigt ein, mich mitzunehmen.

Eine ganze Gruppe von Freunden und Verwandten macht sich am Morgen mit dem Motorschlitten auf zum Wohnplatz im Wald.

Ich nehme am Mahl der Angehörigen mit den Toten und der Opferung eines Gespanns Rentiere teil, um es mit einem Schlitten den Toten ins Jenseits mitzugeben, muss aber versprechen, keine Fotos davon ins Internet zu stellen.

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